Geschichte der jüdischen Gemeinde in Bochum
Die Geschichte der jüdischen Gemeinde in Bochum ist leider auch die Geschichte von Antisemitismus in Deutschland, der nationalsozialistischen Unrechtsherrschaft und der systematischen Vernichtung von Menschenleben. Darüber hinaus ist es aber auch die Geschichte einer über die Jahrhunderte gewachsenen Gemeinde, die allen Widrigkeiten zum Trotz wächst und gedeiht und wieder ein fester Bestandteil des städtischen Lebens in Bochum werden soll.
Die Wurzeln der Gemeinde lassen sich bis in das Jahr 1616 zurück verfolgen: In einer Stadtrechnung aus diesem Jahr werden zwei jüdische Familien namentlich erwähnt. Ob Bochum bereits früher jüdische Einwohner oder sogar eine Synagoge hatte, ist unsicher. Bis zum Jahr 1736ist die Gemeinde auf neun Familien angewachsen; die Männer waren Krämer, Schlächter, Kaufleute, Geldverleiher. Der Arzt Dr. Coppilia Pictor, der damals in Bochum lebte, gilt als der erste studierte und promovierte Arzt in dieser Stadt.
1812 traten die Preussischen Reformgesetze in Kraft, die den Juden unter anderem größere Freiheit bei der Wahl des Wohnsitzes gewährten. Dadurch nahm auch die Zahl der jüdischen Einwohner Bochums zu: Waren es 1812 noch 74, so war ihre Zahl bis 1852 auf 201 gestiegen. 1828 wurde eine jüdische Volksschule gegründet und 1863 eine neue Synagoge eingeweiht, die schon 1895/ 96 wieder erweitert wurde.
In diesen Jahren wohnten in Bochum etwa 800 jüdische Mitbürger, bis zum Jahr 1932 wuchs die Bochumer jüdische Gemeinde auf 1152 Mitglieder an und war damit die drittgrößte in Westfalen.
Ihren Lebensunterhalt verdienten sie überwiegend als Kaufleute und Handwerker, später auch als Rechtsanwälte und Ärzte. Einige Mutige investierten in neue Erfindungen und zukunftsträchtige Branchen: Jakob Goldstaub gründete 1910 Bochums größtes und modernstes Kino, Bendix Block war Inhaber der ersten Werbeagentur in Bochum.
Im Jahr 1854 entstanden drei Synagogengemeinden: Bochum, Hattingen und Witten. In dieser Zeit galten Synagogengemeinden als Körperschaften öffentlichen Rechts, diese Stellung verlieh ihnen eine gewisse organisatorische Sicherheit. Die Gemeinde wählte aus ihrer Mitte sogenannte Repräsentanten, die den Gemeindehaushalt festsetzten und kontrollierten. Bereits 1863 wurde die Synagoge an der damaligen Wilhelmstrasse - heute Huestrasse - eingeweiht; aus diesem Anlaß fanden große Feierlichkeiten statt, an denen die Gemeindemitglieder, aber auch nicht-jüdische Bochumer Bürger teilnahmen.
Überhaupt gibt es unzählige Belege dafür, dass in dieser Zeit das bürgerliche Leben in Bochum gleichermaßen von Juden und Nicht-Juden gestaltet und geprägt wurde. Jüdische Männer und Frauen waren Mitglieder und Vorsitzende vieler Bochumer Vereinigungen. Die Aktivitäten der Vereine, die innerhalb der jüdischen Gemeinde bestanden, waren Bestandteil des Bochumer Lebens.
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